Geschäftsbericht 2023
Geschäftsbericht
2023
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Interview

Integrierte Versorgung für die Bevölkerung der Region

Nach einem Jahr voller Herausforderungen gibt die Spital Männedorf AG Einblick in ihre Strategie, ihre Erfolge und in die Bewältigung branchenspezifischer Hürden. Im Interview sprechen Verwaltungsratspräsidentin Beatrix Frey-Eigenmann und CEO Stefan Metzker über die finanziellen Ergebnisse, den Umgang mit dem Fachkräftemangel, die Bedeutung politischer Rahmenbedingungen und die zukunftsweisenden Schritte des Spitals.

Die Spital Männedorf AG weist im Geschäftsjahr 2023 einen Gewinn von CHF 2.81 Mio. aus. Wie ist das Geschäftsergebnis zu bewerten?

Beatrix Frey-Eigenmann (B.F.-E): Auch wenn wir gesamthaft eine gute Leistung erbracht und effizient gearbeitet haben, war das operative Ergebnis 2023 negativ. Durch Nachfakturierungen von nachträglich angepassten Tarifen haben wir aber die Gewinnzone erreicht. Mehr denn je stehen wir vor grossen Herausforderungen, da die Tarifanpassungen unter der Teuerung liegen und neue kostentreibende Faktoren wie die Arbeitsmarktsituation die finanzielle Lage des Spitals Männedorf belasten. Es ist essenziell und dringend, dass die Politik endlich Rahmenbedingungen schafft, die es uns ermöglichen, kostendeckend zu arbeiten beziehungsweise Gewinne zur Werterhaltung und Entwicklung unserer Infrastruktur zu erwirtschaften.

Das Spital Männedorf verzeichnete im letzten Jahr eine Zunahme der stationären Behandlungen von Patientinnen und Patienten. Wie bewerten Sie diese Situation, insbesondere im Hinblick auf die Kostenentwicklung?

Stefan Metzker (S.M.): Wir konnten im letzten Jahr zulegen, hatten uns aber auf der Ertragsseite mehr erhofft. Die leichte Abnahme des Schweregrads der Behandlungen – also die Abnahme an komplexen Fällen –  hat unsere Einnahmen negativ beeinflusst. Gleichzeitig sahen wir uns mit massiven Kostenanstiegen konfrontiert. Die Energiekosten beispielsweise sind im Jahr 2023 um 80 Prozent gestiegen. Zusätzlich haben wir durch Lohnanpassungen und den Teuerungsausgleich in unser Personal investiert. Diese Kostenentwicklungen stellen uns vor grosse Herausforderungen und zeigen die Notwendigkeit auf, kontinuierlich in Effizienz und Nachhaltigkeit zu investieren.

«Die politischen Rahmenbedingungen sind der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung. Trotz der grossen Herausforderungen der letzten Jahre haben wir gezeigt, dass wir mit Resilienz und Engagement unsere strategischen Ziele erreichen können.»
Beatrix Frey-Eigenmann, Verwaltungsratspräsidentin

Welche Rolle spielen die politischen Rahmenbedingungen grundsätzlich für die Zukunft der Schweizer Spitäler und für ihre finanzielle Stabilität?

B.F.-E.: Die politischen Rahmenbedingungen beeinflussen entscheidend unsere Fähigkeit, eine qualitativ hochwertige und patientenzentrierte Gesundheitsversorgung anzubieten und gleichzeitig investitionsfähig zu bleiben. Wir benötigen klare und unterstützende Rahmenbedingungen, die es uns ermöglichen, langfristig zu planen und zu agieren. Nur so können wir den Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten und der Region langfristig gerecht werden und gleichzeitig die Gesundheitskosten im Griff behalten. Leider sind die politischen Rahmenbedingungen zurzeit so, dass sie sinnvolle Entwicklungen wie beispielsweise die Ambulantisierung oder die integrierte Versorgung eher behindern, statt sie zu unterstützten.  

«Indem wir von traditionellen Strukturen abrücken und gezielte Kooperationen sowie Shared Leadership fördern, schaffen wir nicht nur eine bessere Patientenversorgung, sondern auch eine Arbeitsumgebung, die Talent anzieht und hält. Dies ist entscheidend, um den Herausforderungen von heute und morgen erfolgreich zu begegnen.»
Stefan Metzker, CEO

Wie geht das Spital Männedorf mit der Diskrepanz zwischen der hohen Patientenerwartung und den steigenden Anforderungen an das Unternehmen um?

S. M.: Die Erwartungen unserer Patientinnen und Patienten steigen stetig. Es ist unser oberstes Ziel, diesen wenn immer möglich gerecht zu werden. Wir legen grossen Wert darauf, das Patientenerlebnis kontinuierlich zu verbessern. Dies erreichen wir unter anderem durch ein modernes Managementmodell mit Shared Leadership: Die Patientinnen und Patienten stehen bei der Diagnose und Behandlung im Zentrum einer interdisziplinär und interprofessionell ausgerichteten Gruppe von Spezialistinnen und Spezialisten. Durch diesen organisatorischen Ansatz können wir flexibler auf ihre Bedürfnisse eingehen und gleichzeitig ein attraktives Arbeitsumfeld für unsere Mitarbeitenden schaffen.

Wie trägt das Spital Männedorf zur Verbesserung der integrierten Gesundheitsversorgung in der Region bei?

S.M.: Wir fokussieren stark auf die Ambulantisierung, die in der Schweiz im Vergleich zum Ausland deutlich hinterherhinkt. Um die Babyboomer-Welle besser abfangen zu können, muss die ambulante Versorgung verbessert werden. Gleichzeitig müssen wir Strukturen schaffen, welche die Gesundheit der Bevölkerung in unserer Region durch mehr Prävention stärken. Dies ist auch wichtig, um die auf die Gemeinden zurollenden zusätzlichen Pflegekosten besser zu steuern. Unsere Investitionen in Prävention und ambulante Dienste sind langfristig ausgerichtet und dienen dem Wohl der Menschen in der Region. Die Planung des ambulanten Zentrums in Meilen schreitet weiter gut voran und verdeutlicht unser Bekenntnis, die strategischen Ziele konsequent zu verfolgen.

Stichwort Fachkräftemangel: Wie begegnet das Spital Männedorf diesem und den damit verbundenen Herausforderungen?

S.M.: Der Fachkräftemangel zwingt uns, unsere Lohnentwicklung kontinuierlich anzupassen, was zunehmend schwieriger wird. Wir investieren in die Weiterbildung unserer Mitarbeitenden und setzen auf ein attraktives Arbeitsumfeld, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Unsere Bemühungen zielen darauf ab, über ein wertschätzendes Arbeitsumfeld die beste Patientenversorgung sicherzustellen. Diese Unternehmens- und Führungskultur schlägt sich in einer vergleichsweise tiefen Fluktuationsrate nieder. Gegenwärtig sind wir in der privilegierten Lage, dass wir unsere vakanten Stellen mit den gewünschten Kandidatinnen und Kandidaten besetzen können.

Welchen Wunsch haben Sie für die Zukunft des Spitals Männedorf, und wie sehen Sie die Rolle des Spitals in der weiteren Entwicklung des Gesundheitswesens?

B.F.-E.: Mein grösster Wunsch ist, dass die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen uns erlauben, unsere langfristigen Ziele zu verfolgen und einen Schwerpunkt darauf zu legen, dass die Menschen in unserer Region gesund leben können. Es geht nicht nur darum, Krankheiten zu behandeln, sondern wir wollen aktiv die Gesundheit fördern und präventiv wirken. Unsere Arbeit ist sinnstiftend, verantwortungsvoll und von grosser gesellschaftlicher Relevanz. Ich wünsche mir insbesondere weniger Bürokratie und gute Rahmenbedingungen für unsere Mitarbeitenden, die mit Herzblut und Leidenschaft ihr Bestes geben, um die Versorgung für unsere Patientinnen und Patienten sicherzustellen.

S.M.: Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir die richtigen Anreize setzen können, um innovative Ideen und sinnvolle Kooperationen nicht nur zu fördern, sondern auch effektiv umzusetzen. Durch die zielgerichtete Förderung und Umsetzung innovativer Konzepte können wir die Qualität und Effizienz der Gesundheitsversorgung nachhaltig steigern. Zudem hoffe ich, dass wir durch eine Reduktion der administrativen Belastung mehr Zeit für unsere Patientinnen und Patienten haben werden.